Dein Unterbewusstsein schreibt dir ein Liebesbrief
Schreibimpuls Nr. 19 / 24 Juli 2025
Der Begriff Écriture automatique wurde am Ende des 19. Jahrhunderts vom französischen Psychotherapeuten Pierre Janet erfunden. Seine Patienten hat er angehalten, in Trance oder unter Hypnose und ohne Anleitung oder Thema zu schreiben – irgendwas zu schreiben. Sein Ziel war, im Text das Unbewusste hervorzurufen.
Seitdem praktizieren viele Autoren “automatisches Schreiben” (allerdings verzichtet man dabei auf Hypnose) auf der Suche nach Inspiration:
Man setzt sich an einem ruhigen, privaten Ort hin und schreibt einfach los, ohne kein Ziel oder Thema.
Man beginnt mit einem Satz wie, Mir fällt nichts ein, oder, Heute ist Mittwoch, und man schreibt ziellos weiter, was einem einfällt. Wenn einem nichts einfällt, schreibt man das, bis einem etwas einfällt: Mir fällt nichts ein, mir fällt nichts ein, mir fällt nichts ein…
Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu schreiben, den Kugelschreiber nicht vom Blatt nimmt. Der Zwang, dass man weiterschreiben muss, holt irgendwann Wörter aus dem Unbewussten und setzt sie aufs Papier.
Manche Autoren setzen sich den Wecker auf fünf Minuten und schreiben so lange.
Was oft dabei rausspringt, ist 90% Kauderwelsch und Nonsense … aber 10% überraschendes. Das 90% schmeisst man weg, das 10% schreibt man weiter … oder man denkt darüber nach.
Automatisches Schreiben ist auch nützlich für Menschen, die mehr über sich selbst wissen wollen.
Meistens, wenn wir über unser Leben nachdenken, gibt es einen Anlass oder ein Thema oder eine Frage. Automatisches Schreiben ist die Gelegenheit, ohne vorgegebenes Thema über sich selbst zu schreiben und dabei etwas zu suchen, was man sich vorher nicht bewusst war.
Zu diesem Zweck kann man mit bestimmten Sätzen beginnen, die die Gedanken nach einen kehren. Anstatt mit Mir fällt nichts ein, schreibt mal als Erstes einen der folgenden Sätzen:
Ich will wissen, wer ich bin …
Ich will etwas über mich erfahren, was ich noch nicht weiss …
Wenn ich jemand anders wäre, wäre ich gern mein Freund, weil …
Ich liebe mich, weil …
Ich bin anders, als ich normalerweise von mir denke, weil …
Ich habe etwas der Welt zu bieten, weil …
Was will ich im Leben?
Mein Leben lang versuche ich, eine bestimmte Art Mensch zu sein, weil…
Die Aufgabe
1. Setz dich in einem abgeschlossnen, privaten und ruhigen Raum und probiere mal das automatische Schreiben aus.
Beginne mit einem der oben empfohlene Sätzen, oder mit einem ähnlichen Satz, den du dir ausdenkst.
2. Wenn du fertig bist, schreib einen zweiten kurzen Text über die Erfahrung:
Ist etwas dabei rausgekommen, was dir neu war?
Hat es dich überrascht?
Glaubst du, dass es stimmt?
Was hast du über dich gelernt?
Hat es dir eine neue Perspektive über dich gegeben?
Siehst du dich jetzt anders?
Oder war es nur ein Quatsch?
Der erste, “automatische” Text ist vielleicht zu intim, um hier zu veröffentlichen –aber den zweiten Text (Was du über die Erfahrung denkst) kannst du unten in den Kommentaren posten – wir sind neugierig!
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Mach mit!
Kleine Romane über dich ist eine Reihe von Schreibimpulsen für Menschen, die ihr Leben und die Welt durch Schreiben erkunden wollen.
Es ist kostenlos auf Substack, und du kannst deine Texte, die du auf Basis der Impulse schreibst, in den Kommentaren posten.
Einmal pro Woche wählen wir einen Text aus und veröffentlichen ihn auf der Seite als „Kleiner Roman der Woche“.
Ichschreibeohnepunktundkommaichschreibeohnepunktundkommaichschreibeohnepunktundkommaichschreibeohnepueinfach weitermachen fünf minutenlang, nicht auf fehler schauen, einfach weitermachenich merke, ich brauche die Pausen zwischen den Wörtern, wie eine kleine Zäsur, kurz aufhören, dann weiter, dann wird es auch lesbarer wenn ich dann im ruasch bin , dann kommt es einfach so aus mir heraus, mein kopf fängt schon an, weiter zu denken, bevor meine hände alles schon eingeben könnne, oder die fehler korrigiert werden wollen ich kann recht schenll schreiben, lasse mich aber gerne aufhalten von fehlern, die ich dann immer bemerke, ich bin noch etwas verkrampft, weril mein Nacken anföngt zu ziehen, die Schultern musste ich kurz hochnehmen der Kopf fängt an zu spannen ich muss einen anderen Stuhl haben, wenn ich lange am Schreibtisch sitzen will um zu arbeiten, im Moment läuftz es gut mit dem Schreiben, es fließ viel ahhhh der rückläufige Merkus macht den Leuten wieder schwer zu schaffen, die Praxis ist rand voll, die Leute haben schwerwiegende Probleme, die weit bis über das Körperlich hinausreichen, bis 10. August 25 geht der Merkur noch, dann wird es immer ruhiger, ich beoabchte diese Zeit immer sehr gern bzw. ich merke oft, dass diese Zeit dann astrologisch da ist, weil die Praxinktundkomma , ich schuate gaerad auf und ich sehe, dass die Zeile iweder verrutscht ist unjd ich hasse es so an diesem Laptop. Ich mag es wirklich nicht gerne diese sLAptop, weil ich sta - fünf Minuten sind um.
Ich warte kurz und schaue mir den Text an. Er spiegelt mein Gehirn wieder. Schon der erste Satz "Ich schreibe ohne Punkt und Komma" müsste eigentlich heißen "Ich denke ohne Punkt und Komma". Ich habe ständig Gedanken. Ich kenn es gar nicht anders.
Mittlerweile kann ich die Gedanken ganz gut kanalisieren. Aber ab und an gehen die Pferde mit mir durch und es wird sehr anstrengend für meine Gesprächspartner, weil ich ihnen sehr viel abverlange was den Wechsel der Themen betrifft. Mein Gehirn funktioniert wahnsinnig assoziativ und diese Sprünge erzeugen viele Fragezeichen für die anderen. Ich muss dann oft und viel erklären, wie ich ausgerechnet jetzt auf dieses Thema komme.
Mittlerweile schätze ich diese Eigenschaft meines Gehirns außerordentlich. Weil es mir unendlich viele Geschichten liefert. Ein klebriges Gummiband in einem alten Buch und schon habe ich eine Geschichte im Kopf mit einem alten Brief, der in einem Buch gefunden wird und dessen Vergangenheit herausgefunden werden möchte.
Dein Unterbewusstsein schreibt dir einen Liebesbrief von Heide
"Hedda, ich muss heute mit dir sprechen. Es ist Beltane, die Nacht der Hochzeit des Gottes des Lichtes mit der Großen Göttin." Die Stimme drang zwingend in Heddas Bewusstsein.
"Hedda, ich habe dir einen Brief geschrieben, damit ich nichts vergesse. Heute ist die letzte Gelegenheit. Der Vorhang zwischen den Welten ist an Beltane gefallen, an Lughnasadh könnte es zu spät sein."
"Beltane also. Ich höre zu. Lies vor."
"Ich war von Anfang an bei dir als Zeuge der Angst bei deiner Geburt, als Zeuge der Tränen und der Wut, als deine Mutter dich zum Trockenwerden zwang, Zeuge deines Herzklopfens, Zitterns und deiner Freude am ersten Schultag, Zeuge deiner ersten Liebe, des schüchtern flatternden Herzens. Ich war dabei und liebte dich. Du hast mich nie bemerkt. Ich schickte dir die Ahnung von Gefahr, als du in tiefster Dunkelheit eine Abkürzung durch den Park nehmen wolltest. Ich konnte dich nicht vor allem beschützen. Du warst immer so fleißig bis an deine Grenzen. Und dann brachst du vor Erschöpfung und Energiemangel zusammen. Wir waren Sonne und Mond. Du warst so erschöpft, hattest Raubbau betrieben mit deiner Energie und Kraft. Das erste Mal erfuhrst du die Bedeutung des Unterbewusstseins, meine Bedeutung. Experten machten dich auf meine Bedürfnisse aufmerksam. Wir besiegten die grenzenlose Erschöpfung, dieses Zu-schwach-Sein für alles, die innere Leere, deinen Hunger nach Schlaf, der sich kaum stillen ließ, deine Übelkeit vor dem Leben. Endlich wurden wir eine Einheit. Du lerntest dich zu entspannen, Yoga und Meditation und Sport halfen uns. Du lerntest, dich und uns in den Vordergrund zu stellen, uns wichtig zu nehmen.
Heute, an Beltane, möchte ich mich bedanken, du hast mich entdeckt, lerntest mich kennen und meine Bedürfnisse und Bedeutung für uns beide. Ich war so glücklich mit dir und du mir mir. Unsere gemeinsame Ausgeglichenheit, die Unaufgeregtheit, das Loslassen-Könnens in unserer fordernden Welt, unsere Begegnung in Meditation und Entspannung und in Zwiegesprächen in solchen Nächten und Tagen wie heute. Gegenseitige Kraftpole, die Einheit von Zweien, die nicht getrennt glücklich werden können. An deiner Seite möchte ich wiedergeboren werden."
Hedda lächelte ihr leises Lächeln. "Ich liebe dich auch, deine Entdeckung hat mein Leben bereichert."
"Ohne dich," schluchzte das Unterbewusstsein leise, "ohne dich hätten wir beide unser Potential nicht entfalten können. Deshalb musste es an Beltane gesagt werden, damit wir durch die aufgelösten Grenzen unserer Welten zusammenfinden. Wir sind das Wichtigste."
Hedda breitete die Arme aus und umschloss ihr Unterbewusstsein fest. Ihr Atem blieb ruhig und ruhiger, das Herz schlug entspannt und entspannter, tiefe Ruhe erfüllte sie. Bis Lughnasadh, Erntedank, hätte es keine Zeit gehabt.
Plötzliche Geräusch, eilige Schritte, Stimmen, Türen wurden geöffnet, auch Heddas. Mit der üblichen Morgenfröhlichkeit zog die Schwester die Gardinen beiseite, drehte sich um und fror ein, und öffnete dann weit das Fenster. Die Ärztin kam.
"Wie liegt sie denn da? Als umarme sie jemanden."
"Riechen Sie das? Rosen und Jasmin. Aber die blühen doch gerade nicht. Es erinnert mich an etwas ganz Altes."
Hedda und ihr Unterbewusstsein entflohen Hand in Hand mit Weißdorn im Haar in Grün und Weiß und Roten Beeren durch das Fenster.
Heide Kramp.